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Wozu dieses Tutorium? Fabio Crivellari, Universität Konstanz
Wer ein Tutorium für die Studierenden der Geschichtswissenschaft erstellt, muss sich rechtfertigen. Denn erstens kursieren auf dem traditionellen
Buchmarkt bereits zahlreiche neuere Einführungen in die Geschichtswissenschaft (vgl. den Überblick
von Marcus Sandl). Zweitens stellt ein online-Tutorium scheinbar die Notwendigkeit menschlicher Interaktion in Frage und setzt damit neben die Unterstellung vom
offensichtlichen Überfluss der Basisliteratur noch die These vom Überfluss des menschlichen Lehrpersonals.
Doch so weit gehen unsere Ansichten nicht. Dieses Projekt peilt weder die Ablösung des homo docendi noch der
papierbasierten Textlektüre an. Schon der Aufbau dieses Tutoriums orientiert sich an den Grundmustern linearer Textkultur und damit an jener Gutenberg-Galaxis, von deren Ende seit Jahren die modernen Medien-Propheten künden. Die
Erleichterungen, die der Hypertext für eine selbstbestimmte Lektüre bietet, schafft den Fließtext in den einzelnen Inhaltsbausteinen und Kapiteln nicht ab. Wer aus diesem Tutorium etwas mitnehmen will, das über die Befriedigung des
Spieltriebes hinausgeht, wird weiter-lesen müssen.
Auch sollten Dozentinnen und Dozenten unseren kleinen Beitrag zum www nicht als Angriff auf die eigene Stellung betrachten, denn was in diesem Tutorium vermittelt werden
soll, ist grundlegendes Wissen, auf das zwar immer und vielfältig zugegriffen werden kann (so die technische Idee), das aber erst in der Praxis der konkreten Arbeit zum Wissensbestand wird. Und diese Praxis bleibt noch immer der
interaktive Diskurs in Lehrveranstaltungen, die konkrete Hausarbeit, das konkrete Referat am durchaus realen Schreibtisch oder vor erlebbar lebendigem Publikum.
Was hier vorliegt, ist also als Ergänzung zum traditionellen
Lehrangebot im Fach Geschichte zu betrachten und nicht als konkurrierendes Unternehmen. Dass dies so betont wird, ist dem Umstand geschuldet, dass den keineswegs mehr so “neuen” Medien im gesiteswissenschaftlichen Lehrbetrieb noch
vielfach mit Skepsis begegnet wird. Dies betrifft jedoch nur diejenigen, die diese Worte nicht lesen, denn die Rezeption dieser Einführung ist unweigerlich an die Inbetriebnahme eines Internetzugangs gekoppelt.
Wer das
Tutorium optimal nutzen will, kann es zunächst in der Reihenfolge der Kapitel überfliegen, um anschließend die Kernpunkte des eigenen Wissensbedarfs oder der eigenen Neugier direkt anzusteuern.
Diese Art der Lektüre hat
lange Vorbilder und ist gängige Praxis nicht nur bei Gebrauchstexten. Das Internet-Tutorium vereinfacht diese Möglichkeiten durch hypertextuelle Bequemlichkeit, setzt der totalen Orientierungslosigkeit jedoch ein Konzept entgegen,
dass den Informationsbedürfnissen möglicher Nutzerkreise weitgehend entgegenkommen will.
Wo es sinnvoll schien, wurden Links zu anderen Websites gelegt, Lektüretipps bieten Vertiefungsmöglichkeiten off-line und ein
umfangreiches Register erleichtert den unmittelbaren Zugriff auf Informationen.
Wer ein bisschen Zeit hat, kann sich über ein Story-Board mit dem thematischen Grundanliegen des Tutoriums vertraut machen ;-)
Wer über größere Themenzusammenhänge einsteigen will, kann dies über die acht Themenbereiche tun, die ihrerseits weit komplexere Unterkapitel in bewährter Linearität anbieten.
Eine Volltextrecherche erschien für diese Konzeption untauglich, da die vielfachen
Begriffswiederholungen diese Suchstrategie nicht erleichtert sondern nur kompliziert hätten.
Wie die einzelnen Steuerelemente und Navigationstools im Einzelnen zu nutzen sind, wird in einer Hilfedatei erläutert.
Grundsätzlich lädt ein solches Angebot zum
Selbststudium ein. Doch auch die Einbindung des Tutoriums in ein jeweils bestehendes Lehrangebot ist auf verschiedene Weise möglich. So können einzelne Kapitel als Vorbereitungslektüre auf “reale” Tutoriensitzungen angegeben
werden. Für Informationen, die in Tutorien aus Zeitmangel nicht thematisiert werden können, kann auf diese online-Bestände verweisen werden.
Einige Informationseinheiten sind speziell an die Lernumgebung der Universität
Konstanz angepasst, so der Themenbereich “Bibliothek”.
Wie alle Projekte so hat auch dieses eine Geschichte. Idee und Konzept wurden in der Arbeitsgruppe “Geschichte und Multimedia“ am Lehrstuhl von Prof. Dr. Rudolf Schlögl im
Frühjahr 2000 entwickelt. Nachdem Dozentinnen und Dozenten der Neueren und Neuesten Geschichte für eine Mitarbeit gewonnen werden konnten, wurden erste Förderanträge beim Ausschuss für Lehre und Weiterbildung
an der Universität Konstanz gestellt. Mit den dort genehmigten Geldern wurden studentische Hilfskräfte eingestellt, die aus den einlaufenden Texten die vorliegende Bildschirmversion gestalteten. Prof. Dr. Clemens Wischermann
leitete mit viel Esprit eine kleine Arbeitsgruppe zur Erstellung der “Story” genannten Einstiegsebene an.
Seit Januar 2001 ist das Tutorium Bestandteil eines umfangreichen Kooperationsprojektes mit der Universität Münster.
Aus dieser Partnerschaft gingen insbesondere die Beiträge zu den verschiedenen Quellengattungen hervor, die in den kommenden Monaten komplettiert werden. Das Kernziel der Zusammenarbeit ist eine grundlegende Konzeption zur
mediengestützten Lehre im Fach Geschichte an den beiden Universitäten.
Ein Wesensmerkmal des Internet ist der Charakterder der Vorläufigkeit der dort abgelegten Angebote. Das bezieht sich nicht unbedingt auf die Inhalte,
sondern vielmehr auf den Umfang und die Gestaltung von Angeboten. So ist auch dieses Tutorium darauf angelegt, sukzessive erweitert zu werden. Derzeit (Stand Juli 2001) wird an einer Vertiefung einzelner Themenbereiche für die an
der Universität Konstanz vorhandenen Forschungsfelder im Fach gearbeitet. Zusatzinformationen zur Frühen Neuzeit, zur Zeitgeschichte, zur Osteuropa-Geschichte, zur Wirtschaftsgeschichte und zur Internationalen Geschichte sind
ebenfalls in Vorbereitung. Mittelfristig sollen auch die Bereiche Mediävistik und Antike eingebunden werden.
Diese Form des work in progress
beinhaltet neben der außergewöhnlich raschen Realisierungsphase auch die Möglichkeit, Errata umgehend zu korrigieren. Für entsprechende Hinweise sind wir also jederzeit dankbar.
Dankbar sind wir auch all denen, die aktiv an der Erstellung dieses Tutoriums
in Form von Mitarbeit oder anderweitiger Förderung mitgewirkt haben sowie jenen, die uns künftig mit Verbesserungsvorschlägen konstruktiv unterstützen. |