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Viktor Konitzer
[viktor.konitzer@uni-konstanz.de]
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KollegiatInnen
Koordinator
HochschullehrerInnen


Geschichten zerstören.
Antinarrative Prosa in der österreichischen Literatur des 20. Jahrhunderts

 

Projektskizze:

Das Dissertationsprojekt versteht sich als literaturwissenschaftlicher Beitrag zur kulturwissenschaftlich orientierten Erzählforschung, die das Erzählen als fundamentale kognitiv-sprachliche Operation unter den kulturellen Verfahren zur ,Bewältigung von Welt‘ diskutiert. Es befasst sich mit österreichischen Prosatexten des vergangenen Jahrhunderts und untersucht, auf welche Weise die Texte Praktiken narrativer Realitätsorganisation und deren Abhängigkeit von impliziten Konzepten berichtend aufbereiteter Handlung reflektieren; die Arbeitshypothese lautet, dass die mitunter polemische Abwendung vom Prinzip mimetischer, Wirklichkeit repräsentierender Narration in Thema und Form ein Spezifikum österreichischer Epik darstellt. Dazu resümiert die Arbeit zunächst entlang einiger Klassiker der Narratologie Aspekte funktional intakten Erzählens, die ex negativo Möglichkeiten seiner Subversion in sich schließen. Der folgende kulturgeschichtliche Abschnitt fokussiert ein Phänomen, das Thomas Bernhard als Morbus austriacus bezeichnet: die mentale Verfasstheit des früheren Vielvölkerstaats, die sich u.a. in der Bevorzugung kollektiv-rhetorischer Praktiken gegenüber subjektiv-narrativer Kohärenzstiftung äußert und aus diversen Quellen speist – thematisiert werden die Bedeutung barocker Habsburger Prachtentfaltung, des katholischen Ritus und bürokratischer Kanzlistik für das Schreiben österreichischer AutorInnen. Im Hauptteil des Projekts mündet die vorbereitende Auseinandersetzung mit Stifter als Wegbereiter erzählkritischer Tendenzen im 19. Jahrhundert in die Analyse von Texten Ludwig Wittgensteins, Robert Musils, der Wiener Gruppe, Thomas Bernhards, Elfriede Jelineks und Marianne Fritz’. Auf Basis der erzähltheoretischen und kulturhistorischen Einführung stellt die Untersuchung diverse Techniken praktizierter Antinarrativik in ihrer Besonderheit dar, unternimmt darüber hinaus aber auch den Versuch einer narratologischen Systematisierung, um Begriffe für das vermeintliche Paradox der zerstörerischen poiesis österreichischen ,Nichterzählens‘ zu gewinnen. Auf diese Weise gilt es zu spezifizieren, inwiefern das Textkorpus nicht bloß die Implikationen traditioneller Erzählformen desavouiert, um sich etwa in sprachlicher Selbstbezüglichkeit zu verlieren, sondern im Gegenteil darum bemüht ist, adäquatere Mittel des literarischen Weltzugriffs zu etablieren, die der Komplexität der Relation von Realität, Kognition und Sprache gerecht werden sollen.

Kurzinformationen zur Person:

  • Von 2009 bis 2015 Studium der Literatur-, Kunst- und Medienwissenschaft an der Universität Konstanz
  • Bachelorarbeit: Die Dame mit dem langen Hals. Zum Manierismus als Grundlage der Bildpraxis in Thomas Bernhards Roman Auslöschung (2013)
  • Masterarbeit: „Alles ist/ In Staub vermengt. Ich kann nichts unterscheiden.“ Zur Inszenierung hermeneutischer Krisen in Schillers Wallenstein, Maria Stuart und Die Jungfrau von Orleans (2015)
  • Seit November 2015 Doktorand an der Universität Konstanz, seit April 2016 als Kollegiat im DFG-Graduiertenkolleg Das Reale in der Kultur der Moderne

Veröffentlichungen:

  • „Bildende Kunst“, in: Martin Huber, Manfred Mittermayer (Hg.), Bernhard-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, Stuttgart/Weimar 2018, S. 391-393.

  • „Wendungen. Zur Poetik der Peripetie in Schillers Die Jungfrau von Orleans“, in: Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft 61 (2017), S. 215-240.

  • Die fraktale Parabel. Franz Kafkas Beim Bau der chinesischen Mauer als nichtlineares Erzählprojekt“, in: Wirkendes Wort 67 (2017), S. 223-246.

  • „‚A course for home‘. Nostalgie auf dem Star Trek der späten 90er Jahre – Voyager (1995-2001) und First Contact (1996)“, in: Augenblick – Konstanzer Hefte zur Medienwissenschaft 67 (2016), S. 19-36.

  • „Gerade/krumm. Zur Poetik des Scheidewegs in Schillers Wallenstein“, in: Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft 59 (2015), S. 108-134.

  • „Rinnstein, Rahmen, reines Sehen? Comicpanels als plurale Bilder“, in: Kunstgeschichte. Open Peer Reviewed Journal, 2014 (urn:nbn:de:bvb:355-kuge-362-0).
    http://www.kunstgeschichte-ejournal.net/362/

  • „,Die Dame mit dem langen Hals‘. Zum Manierismus als Grundlage der Bildpraxis in Thomas Bernhards Auslöschung“, in: Zeitschrift für deutsche Philologie 133 (2014), S. 573-601.

  • „Scheitern am Bild, Scheitern am Text. Zur Opazität von Caspar David Friedrichs Seelandschaft Der Mönch am Meer und Heinrich von Kleists Empfindungen vor dem Gemälde“, in: artefakt – Zeitschrift für junge Kunstgeschichte und Kunst, 2012.
    http://www.artefakt-sz.net/wissenschaftliche-aufsaetze/scheitern-am-bild-scheitern-am-text-zur-opazitat-von-caspar-david-friedrichs-seelandschaft-der-monch-am-meer-und-heinrich-von-kleists-empfindungen-vor-dem-gemalde