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Mareike Stoll
[mstoll@Princeton.EDU]
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KollegiatInnen
Koordinator
HochschullehrerInnen



Schule des Sehens:
Deutsche Fotobücher als Schauplatz des Wissens in den 1920igern und 1930igern


Projektskizze

Schule des Sehens: Deutsche Fotobücher als Schauplatz des Wissens in den 1920igern und 1930igern widmet sich in einer umfassenden Studie dem deutschen Fotobuch der 1920er und 1930er Jahre. Zur Zeit der Weimarer Republik, einer Zeit der (ersten) fotografischen Bilderflut, dient das Fotobuch als Instrumentarium die Fülle der Bilder zu fassen, und verlangt, da es an der Schnittstelle von Bild und Schrift steht, nach einer neuen Form des Sehens und Lesen. Die in Buchform gezeigten Bildsequenzen bilden durch ein Geflecht aus Bezügen ein visuelles Argument, das in einem Akt des vergleichenden Sehen erkannt wird. Das Fotobuch, so das Argument der Arbeit, ist Erkenntnisgegenstand und Lehrmittel zugleich. In fünf Kapiteln bietet die Dissertation die erste eingehende Analyse einzelner Fotobücher mit Blick auf deren fotografische Inhalte, wie auch ihrer Buchform, und fragt somit sowohl nach den Bildern als auch nach der durch die Buchform implizierte Lesbarkeit. Das Fotobuch legt als Medium die Lesbarkeit und somit die Erlernbarkeit dieses Lesens von Fotografien nahe. Ein Lesen aber, das Schrift als Bild sieht und uns somit zwingt, die in der Moderne sich besonders gebende komplexe Verschränkung des Sehens und Lesens als solche ernst zunehmen. Das Fotobuch und die es umgebenden theoretischen Kontexte und praktischen Rahmungen ist Mittel zur „Alphabetisierung des Sehens“. Die Arbeit kontextualisiert die kanonischen Fotobücher von August Sander, Albert Renger-Patzsch und Karl Blossfeldt mit weniger bekannten Fotobüchern (etwa von Aenne Biermann, Hein Gorny, Germaine Krull und Helmar Lerski), und analysiert sie in Verbindung mit theoretischen Überlegungen zur Lesbarkeit der Fotografie von László Moholy-Nagy, Walter Benjamin und Aby Warburg.
Als Medium der fotografischen Bildsprache ist das Fotobuch geeignetes Instrument, Einbrüche des Realen zu fassen, und das Lesen fotografischer Sequenzen und visueller Argumentationen zu ermöglichen und zu erlernen. Das Fotobuch ist ein Werkzeug zum Sehen-Lernen, letztlich zum Erlernen der Sprache der Fotografie, die auch eine Veränderung im Denken und Wissen mit sich bringt. Begreift man Fotografie als eine Form des Denkens, ist das Lesen-Lernen fotografischer Bilder die Kulturtechnik der Moderne schlechthin. Das Material deutscher Fotobücher der 1920er und 1930er Jahre ist Schauplatz der Literarisierung und Alphabetisierung, letztlich auch Orientierung hin zu einem Wissen der Bilder, das man im Lesen-Lernen dieser sich erschließt. Ergänzt wird die historisch-systematische Analyse durch ein vergleichendes Sehen, wie es die Praxis der Kunstgeschichte seit Heinrich Wölfflin und Aby Warburg nahelegt, und wie sie der französische Philosoph Georges Didi-Huberman in den letzten Jahren auch kuratorisch praktiziert: Die Frage danach, „was zwischen zwei [fotografischen] Bildern passiert“, ist das, was diese Arbeit grundlegend motiviert.

Kurzinformationen zur Person

Abschluss des Magister-Studiums der Literaturwissenschaft (AVL) und Kunstgeschichte an der Freien Universität Berlin sowie der Humboldt Universität zu Berlin (M.A. 2005) mit einer Arbeit über die „Erzähltechniken der Überblendung: Zeit, Photographie, Stückwerk bei W.G. Sebald“.
Seit 2008 PhD-Studium der Germanistik an der Princeton University, in Princeton, NJ. Auslandsstudium in Turku, Finnland 2003. Seit Mai 2013 Stipendiatin des Graduiertenkollegs „Das Reale in der Kultur der Moderne“ an der Universität Konstanz.

Wissenschaftliche Veröffentlichungen

  • „ ,... dass ich die wichtigsten Briefe immer mit der Maschine geschrieben habe.’ Handgeschriebenes und Schreibmaschine im Briefwechsel zwischen
    Ingeborg Bachmann und Paul Celan“ Sammelband „Ingeborg Bachmann und Paul Celan: Historisch-poetische Korrelationen“, Gernot Wimmer (Hrsg.) De Gruyter, Winter 2013/14

  • menschenleer. Der Tatort in Benjamins Schriften zur Photographie.“ Walter Benjamin und die Anthropologie, Carolin Duttlinger, Ben Morgan, Anthony Phelan, eds. Rombach Verlag „litterae,“ 2012 pp. 343-362.

  • „Joachim Brohm – eine Retrospektive“ In: Photo Presse. No. 20, 09/2007, pp. 32-33.

Vorträge

2013

  • „Zwischen Denkraum und Schule des Sehens. Aby Warburg’s Bilderatlas Mnemosyne in the context of 1920s German Photobooks.“ Princeton University, März 2013

2012

  • „Tippgeräusche des Schweigens. Zwiegespräch von Handgeschriebenem und Schreibmaschine im Briefwechsel Ingeborg Bachmanns mit Paul Celan.“ Historisch-poetische Korrelationen, Forum Culturel Autrichien, Paris, Dezember 2012

2011

  • „Leere Bilder. Das Lesen der Tatorts bei Walter Benjamin.“ SCHRIFT: Writing and Image Character in the Work of Walter Benjamin, Biennial Conference of the International Walter Benjamin Society, Princeton University, November 2011

2010

  • „Jitka Hanzlová: Female.“ Women and Gender Works in Progress Colloquium, Princeton University, April 2010

2009

  • „Empty Places: Tat-Orte in Benjamin’s Photographic Anthropology.“ At the Crossroads of Magic and Positivism: Walter Benjamin and Anthropology. Oxford University, September 2009
  • „Conditions of Emptiness. Historical Latency in Michael Schmidt’s Photo-Book Berlin nach 45History of Photography – Where is the Future? Cinema, Journalism, Fine Art. City College, CUNY, New York City, Mai 2009