Gefährdungsbeurteilung
Was ist das überhaupt?
Gefährdungs ... was?
Der Begriff Gefährdungsbeurteilung ist eigentlich selbsterklärend: Man muss (irgendwie) beurteilen, ob bei einer Tätigkeit Gefährdungen für die Mitarbeiter*innen bestehen, also ob die Gefahr einer Schädigung der Gesundheit auftreten kann, und falls ja, welche.
Damit ist es aber nicht getan: Denn auch wenn man nun weiß, dass eine Tätigkeit Gefahren birgt - einfach so weitermachen geht dann natürlich nicht mehr. Es sind Maßnahmen nötig, um ein Risiko zu reduzieren oder auf ein Minimum zu begrenzen.
Aber wie soll das gehen? Mit der Arbeit aufhören? Dann besteht auch kein Risiko mehr. Das ist natürlich auch keine Lösung.
Einen ersten Ansatz bietet uns schonmal der Gesetzgeber im Arbeitsschutzgesetz. Das ist nur fair, denn der verpflichtet uns schließlich auch dazu, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen.
§ 5, ArbSchG
(1) Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind.
(2) Der Arbeitgeber hat die Beurteilung je nach Art der Tätigkeiten vorzunehmen.
(3) Eine Gefährdung kann sich insbesondere ergeben durch
1. die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes,
2. physikalische, chemische und biologische Einwirkungen,
3. die Gestaltung, die Auswahl und den Einsatz von Arbeitsmitteln, insbesondere von Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen sowie den Umgang damit,
4. die Gestaltung von Arbeits-…Verfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken,
5. unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten,
6. psychische Belastungen bei der Arbeit.
Moment mal ...
Da steht: "Der Arbeitgeber ..."
Well, good point! Das ist schon richtig, aber unser Arbeitgeber ist das Land Baden-Württemberg. Warum Sie letztlich die Gefährdungsbeurteilung durchführen müssen, liegt an der Pflichtenübertragung.
Die schlechte Nachricht ist: Es gibt kein opt-out! Auch wenn Sie ggf. die Übertragung bestimmter Pflichten ablehnen können, die Pflichten im Arbeitsschutz nach § 13 ArbSchG können Sie nicht ablehnen. Dies wäre gleichbedeutend mit einer Weigerung, für die Sicherheit Ihrer Mitarbeiter*innen zu sorgen. Die Fürsorgepflicht ist sozusagen nicht verhandelbar.
So weit, so gut ... und jetzt?
Wir wissen jetzt warum und wir wissen ungefähr was, bzw. wir haben etwas von "Faktoren" oder "Gefährdungen" gehört.
Was aber genau diese Gefährdungen bzw. Gefährdungsfaktoren sind und wie man sie ermittelt steht da nicht. Das erläutern wir auf den folgenden Seiten.
Die Vorgehensweise
Wie genau eine Gefährdungsbeurteilung aussehen muss, ist nicht festgelegt. Da ist viel Spielraum für Kreativität. Das ist auch gewollt, denn nur so befasst man sich aktiv mit der Thematik und arbeitet sie nicht einfach ohne viel nachzudenken nach "Schema F" ab.
Für die Vorgehensweise hat sich allerdings ein Schema bewährt, das häufig als "die Handlungsschritte der Gefährdungsbeurteilung" bezeichnet wird. Dieser Ablauf ist logisch aufgebaut und beinhaltet alle wichtigen Schritte, um eine sehr gute und wirkungsvolle Gefährdungsbeurteilung zu erstellen.
In der Praxis haben sich 7 Handlungsschritte durchgesetzt. Man findet sie häufig in Form von 2 Alternativen, die sich jedoch inhaltlich kaum unterscheiden.
Die 7 Handlungsschritte - 2 übliche Alternativen
- 1. Tätigkeit oder Arbeitsbereich festlegen
Was schaut man sich an?
- 2. Ermittlung der Gefährdungen,
die bei der Tätigkeit auftreten können
- 3. Bewertung des Risikos
einer Gesundheitsgefährdung
- 4. Ermittlung von Maßnahmen,
um das Risiko zu reduzieren
- 5. Umsetzung geeigneter Maßnahmen
Sind die Maßnahmen sinnvoll?
- 6. Wirkungskontrolle
Und zeigen sie auch Wirkung?
- 7. Dokumentation und Fortschreibung
Ändern sich Arbeitsabläufe oder müssen Maßnahmen zur Verbesserung der Wirksamkeit angepasst werden?
- 1. Analyse
Ermittlung der Gefährdungen
- 2. Beurteilung
Bestehen Risiken und wie groß sind sie?
- 3. Zielsetzung
Was will man erreichen und bis wann?
- 4. Ermittlung von Maßnahmen,
um das Risiko zu reduzieren
- 5. Auswahl geeigneter Maßnahmen
Welche Maßnahmen sind umsetzbar?
- 6. Umsetzung der Lösung
Anwendung der Maßnahmen
- 7. Wirkungskontrolle
Ändern sich Arbeitsabläufe oder müssen Maßnahmen zur Verbesserung der Wirksamkeit angepasst werden?
Ein (ewiger) Kreislauf
Wie Sie ganz sicher bemerkt haben, ist dies ein Kreislauf: Denn mit der Wirkungskontrolle bzw. der Fortschreibung beginnt das Spiel praktisch von vorne. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass die Bewertung und die daraus erforderlichen Maßnahmen den sich ständig ändernden Arbeitsumgebungsbedingungen gerecht werden und angepasst werden und die Gefährdungsbeurteilung stets auf dem aktuellen Stand ist.
Wie oft?
Naja ... nicht immer, aber immer öfter!
Sie bestimmen selbst, wie oft. Idealerweise immer dann, wenn sich wesentliche Änderungen ergeben. Neue Mitarbeiter*innen, neue Arbeitsabläufe, neue Arbeitsmittel, neue Arbeitsumgebung, usw. -> Neue Gefährdungsbeurteilung!