Juniorprofessorin Dr. Christiane Bertram
Wenn wir Zeitzeug*innen in die Klasse einladen, bekommen die Lernenden einen vertieften Einblick in die Vergangenheit, denn in der individuellen Geschichte erhalten sie kognitive und emotionale Anregungen und Einblicke in die zurückliegende Zeit. Häufig geht es bei Zeitzeug*innen um das Erleben von Krisen, ihre Bewältigung und die Lehren, die daraus gezogen werden. Dabei ist zwischen dem Erlebnis der Vergangenheit und der Erinnerung hieran scharf zu trennen, denn diese ist zwangsläufig gefärbt durch spätere Erlebnisse und heutige Sichtweisen und Deutungen. Miteinander ins Gespräch kommen, sich empathisch annähern, Kriterien für die Überprüfung der individuellen Geschichten entwickeln und zu einer gemeinsamen „Geschichte“ zu kommen, in der die vielen individuellen „Geschichten“ ihren Platz haben, das ist das Ziel der Arbeit mit Zeitzeug*innen innerhalb und außerhalb der Schule.
Juniorprofessorin Dr. Christiane Bertram hat Interviewprojekte initiiert, in denen Zeitzeug*innen wechselseitige Perspektiven auf die wechselvolle deutsch-deutsche Geschichte werfen. Die Interviews mit der „Generation 1975“ – 26 Menschen aus dem Osten und Westen Deutschlands, die den Mauerfall als 14-Jährige erlebt haben – werden als Oral History Quellen dem Archiv deutsches Gedächtnis zur Verfügung gestellt und wissenschaftlich ausgewertet. Die Videoinstallation mit der Generation 1975 wurde 30 Jahre nach der Wiedervereinigung im Haus der Geschichte Baden-Württemberg in Stuttgart und in der „Erinnerungsstätte Marienfelde“ gezeigt. In dem Interviewprojekt mit der „Generation Mauerbau“ steht der Umgang mit Krisen im Vordergrund: Wie werden die aktuellen Krisen (Corona-Krise, Klima-Krise, Demokratie-Krise) im Westen und Osten vor dem Hintergrund der unterschiedlichen lebensgeschichtlichen Erfahrung erfahren und bewältigt? Auch diese Interviews werden wissenschaftlich ausgewertet und für den Transfer genutzt.
Zudem erforscht Christiane Bertram die Wirksamkeit von Zeitzeug*innen im Geschichtsunterricht. In einer von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Unterrichtsstudie wird mit Zeitzeug*innen der Generation 1975 gearbeitet. Insgesamt 72 Klassen werden an der Studie teilnehmen, in der die Effekte der Arbeit mit Live- und Video-Zeitzeug*innen untersucht wird. Das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung bietet eine Lehrerfortbildung zu den „Perspektiven auf die Transformationszeit nach 1989“ an, in der mit Ost-West-Pärchen der „Generation 1975“ gearbeitet wird.
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