Diskussion um Abschiebungen nach Syrien
Anlässlich der Sitzung der Innenministerkonferenz entsteht eine öffentliche Debatte über mögliche Abschiebungen nach Syrien. In einem Rechtsgutachten hatte Daniel Thym die völker- und menschenrechtlichen Vorgaben für eventuelle Abschiebungen für das nordrhein-westfälische Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration ausführlich untersucht. Aus diesem Anlass berichteten unter anderemanderem MDR Aktuell mit einem Interview sowie die Tagesthemen, Die Welt und diverse Tageszeitungen. Den aktuellen Bericht des Europäischen Asylbüros zur Lage in Syrien aus dem September 2020 findet sich online. Die Kurzzusammenfassung des Gutachtens lautet:
„Ein aktueller Lagebericht des Europäischen Asylbüros (EASO) stützt die Annahme, wonach für Syrien eine regional differenzierte Betrachtung angezeigt ist, wie sie schon bisher für den Irak und Afghanistan praktiziert wird. Während einzelne Regionen weiterhin generell unsicher sind, sodass Abschiebungen dorthin allgemein rechtswidrig wären, soll für Damaskus eine Einzelfallprüfung stattfinden. Politische Unruhen, eine verbreitete Kriminalität, vereinzelte Terroranschläge und massive Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitsbehörden begründen für sich genommen kein generelles Abschiebungsverbot. Allerdings können sich diese Rechtsverletzungen für gefährdete Personengruppen zu einem Abschiebungsverbot verdichten. Nach den Erkenntnissen von EASO gilt dies in Syrien für zahlreiche Personengruppen auch in Gebieten mit weniger willkürlicher Gewalt wie Damaskus. Anders als im Fall des Irak sowie Kabuls wären daher Abschiebungen rechtlich nur in Einzelfällen zulässig, die sorgfältig begründet werden müssten. Besonders schwierig wäre Rückführungen islamistischer Gefährder, denen besonders häufig Folter oder unmenschliche Behandlung drohen; sie dürften daher im Regelfall nur erlaubt sein, wenn die deutschen Behörden verlässliche Zusagen von den jeweiligen Machthabern erhielten. Für besonders schutzbedürftige Personengruppen kann zudem die humanitäre Notlage ein Abschiebungshindernis begründen, obwohl schlechte Lebensbedingungen oder Gesundheitsgefahren normalerweise Rückführungen nicht entgegenstehen.“