Motivation und Kontrolle im Homeoffice
Reagieren Menschen im Homeoffice anders auf Kontrolle als im Büro? Erledigen Arbeitnehmer trotzdem pflichtbewusst ihre Arbeit? Katrin Schmelz von der Universität Konstanz und Anthony Ziegelmeyer von der Queen’s University in Belfast veröffentlichen eine neue Studie zu den Auswirkungen des Arbeitsortes auf die Motivation und den Umgang mit Freiheiten und Kontrolle.
Seit der Corona-Krise sitzen sehr viele Menschen an ihrem Schreibtisch zu Hause – vielleicht sogar am Küchentisch, weit weg von den Chefs. Erledigen Arbeitnehmer trotzdem pflichtbewusst ihre Arbeit? Wie gehen Vorgesetzte mit dieser Distanz um, vertrauen sie oder kontrollieren sie stärker als im Büro? Reagieren Menschen im Homeoffice anders auf Kontrolle als im Büro?
Diesen Fragen geht die Studie anhand eines ökonomischen Experiments nach, das mit Studierenden im Labor und online durchgeführt wurde. Die Aufgabe der Probanden in der Rolle der Angestellten war es, eine Leistung zu erbringen, was durch die Aufteilung eines Geldbetrags zwischen sich und einer zweiten Person in der Rolle des Vorgesetzten abgebildet wurde. Die Vorgesetzten konnten entscheiden, ob sie den Angestellten alle Freiheiten lassen oder einen minimalen Betrag erzwingen möchten.
Die meisten Teilnehmenden sind sowohl im Labor als auch im Online-Experiment motiviert freiwillig etwas abzugeben. Übertragen auf die Arbeitswelt spricht dies dafür, dass die meisten Menschen im Homeoffice auch freiwillig arbeiten. Im Durchschnitt ist der freiwillig überwiesene Geldbetrag im Labor höher als bei der Teilnahme von zu Hause aus. Dagegen unterscheiden sich die Überweisungen nicht zwischen beiden Orten, wenn ein Mindestbetrag erzwungen wird. Die Teilnehmenden in der Rolle der Vorgesetzten kontrollieren in beiden Umgebungen in gleichem Maße.
Diese Beobachtungen deuten darauf hin, dass mit der geringeren sozialen Distanz im Büro Freiheiten stärker belohnt werden als bei größerer Distanz im Homeoffice. Daraus leitet sich für Vorgesetzte die Empfehlung ab, gerade in der aktuellen Zeit über Möglichkeiten nachzudenken, die ihre persönliche Nähe zu den Mitarbeitenden erhalten. Persönliche Nähe scheint eine Motivationsquelle (in Form von positiver Gegenseitigkeit) zu fördern, die mit der Distanz im Homeoffice weniger gut funktioniert.
Referenz
Schmelz, Katrin and Ziegelmeyer, Anthony (2020). Reactions to (the Absence of) Control and Workplace Arrangements: Experimental Evidence from the Internet and the Laboratory. Experimental Economics (23), 933–960. DOI: https://doi.org/10.1007/s10683-020-09666-8.
Dr. Katrin Schmelz ist als Psychologin und Verhaltensökonomin wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für angewandte Wirtschaftsforschung und am Thurgauer Wirtschaftsinstitut an der Universität Konstanz. Ihre Forschungsschwerpunkte sind der Zusammenhang zwischen (intrinsischer) Motivation und Anreizen, und der Einfluss von Kultur und Institutionen auf Verhalten.
Dr. Anthony Ziegelmeyer ist Verhaltensökonom an der Queen’s University in Belfast, United Kingdom. Er ist vor allem an den Themen soziales Lernen und Netzwerke interessiert. Sein Forschungsansatz ist dabei überwiegend experimentell.