Prof. em. Wolfgang Schuller ist verstorben
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Studierende, lieber Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität Konstanz wir müssen Ihnen leider die traurige Mitteilung weitergeben, dass unser hochgeschätzter Kollege, Lehrer und Freund Wolfgang Schuller am 4. April 2020 gestorben ist. Er wurde in den letzten Jahren seines Lebens von verschiedenen Krankheiten heimgesucht, die er aber immer wieder mit seinem starken Lebenswillen in Schach halten konnte und inmitten derer er nie seine positive und dem Leben zugewandte Haltung verloren hat. Was ihn antrieb, waren seine Forschungsprojekte, die ihm nie ausgingen.
Dazu gehörten nicht nur die klassischen Baustellen seiner Profession wie die Stadt Athen und das Zeitalter der römischen Bürgerkriege. Zuletzt hat er an einem Buch über die Apostelgeschichte des Lukas geschrieben, die er als ein Beispiel antiker Geschichtsschreibung untersuchen wollte. Ein weiteres Projekt war die Geschichte der Universität Konstanz mit dem Blick auf die Biographien ihrer Gründungsgeneration. Nicht nur daran zeigte sich, dass der Althistoriker Wolfgang Schuller im Kern ein politischer Mensch war; mit scharfem, unkonventionellem Blick beobachtete er Zeitgeist und Zeitgeschichte, gab Tagebücher von Carl Schmitt heraus und verfasste ein viel beachtetes Buch über die deutsche Revolution von 1989. Die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts war für ihn der unausweichliche Resonanzraum seines Denkens.
Nach seiner Emeritierung im Jahre 2004 hat er sechs wichtige Bücher veröffentlicht, die eine breite Öffentlichkeit erreichen und die enorme Spannweite seiner Interessen und Ideen belegen. Daneben stehen die vielfältigen publizistischen Vignetten, mit denen er kontinuierlich wichtige Felder der intellektuellen Republik beackerte. Schließlich pflegte er eine stilsichere kommunikative Form autobiographischen Schreibens, mit dem er seinen Freundeskreis über die Jahre versorgte. In Zeiten von Corona ist eine gemeinsame Trauerfeier vorerst nicht möglich. Man kann vielleicht hoffen, dass diese bald nachgeholt werden kann.
Aleida Assmann
Ulrich Gotter