Veronika Schäfer, AWO Singen: „Mal eine Abwechslung zu diesen starren Inputs“
Veronika Schäfer arbeitet für das „Netzwerk Bleiben mit Arbeit“ der AWO Singen. Sie war bei allen drei Veranstaltungsterminen der „Bildungswege“ mit dabei und zieht rückblickend ein positives Fazit
Die „Bildungswege“ mit den drei Schwerpunkten „Schule/Alltag“ (19.05.2022), „Berufsschule/Ausbildung“ (30.06.2022) und Hochschule/Arbeit (21.07.2022) hatten zum Ziel, Akteur*innen aus ganz unterschiedlichen Bereichen zu versammeln und dergestalt deren Austausch und „Voneinander-lernen“ zu befördern. Veronika Schäfer ist eine solche Akteurin: Teil ihrer Arbeit bei der AWO Singen ist es, Geflüchtete und Asylsuchende individuell zu beraten und langfristig in Ausbildung und Beruf zu vermitteln. Als sie über eine Kollegin von der Veranstaltungsreihe erfuhr, war sie sogleich interessiert. Und mehr als das: Zusammen mit Monika Bercea, tätig für die bfz (Berufsfortbildungszentren) Ravensburg, bot sie am dritten Tag auch einen Workshop an. In „Startklar in den Beruf“ besprachen die beiden Frauen mit teilnehmenden Berufsschüler*innen Themen, die für die Vorbereitung auf den Arbeitsalltag von Bedeutung sind. Zentrale Fragen, die der Workshop stellte, waren: „Was verstehe ich unter Selbstverwirklichung?“ und „Wie frei bin ich in der Berufswahl?“. Viele der Berufsschüler mit Migrationsgeschichte treffen ihre Berufsentscheidung nicht auf Grundlage der eigenen Wünsche und Interessen, sondern wählen stattdessen den „Bildungsweg“, der ein langfristiges Aufenthaltsrecht in Deutschland wahrscheinlicher macht. Der daraus potenziell resultieren Frustration versuchten Schäfer und Bercea, im Rahmen ihres Workshops zu begegnen: „Wir haben versucht, zu sagen: Selbst, wenn ihr jetzt nicht zufrieden seid, müsst ihr ja nicht bei dem Beruf bleiben“, erklärt Veronika Schäfer. Das würden die „Biodeutschen“ in vielen Fällen auch nicht: „Man entwickelt sich ja auch weiter“.
Was ihr an der Veranstaltungsreihe besonders gefallen habe? Schäfer stellt fest: „Alle drei Tage waren sehr interessant.“ Vom ersten Tag behält sie persönlich sich vor allem einen Vortrag in Erinnerung, der sich mit den Auswirkungen der ersten Muttersprache bei der weiteren Sprachentwicklung beschäftigte (Helene Khuen-Belasi, LAKA Baden-Württemberg). Selbst mit der russischen Sprache aufgewachsen, traf dieser bei ihr einen Nerv. Der zweite Veranstaltungstag behandelte mit „Wege in die Ausbildung“ das, was die Sozialarbeiterin beruflich tagtäglich beschäftigt. Die Besonderheit des dritten Tages war, nicht mehr nur als Teilnehmerin dabei zu sein, sondern als Workshopleitung selbst aktiv zu werden.
Was man vielleicht hätte besser machen können? Es sei aufgefallen, dass ein ganzer Tag voll spannendem Input etwas viel auf einmal ist: am Nachmittag wäre oft etwas „die Luft raus“ gewesen, Teilnehmende hätten sich nach und nach verabschiedet. Und: Es wäre schön gewesen, wenn noch mehr Schüler*innen teilgenommen hätten – oder die anwesenden Schüler*innen zumindest länger geblieben wären.
Allgemein überwiegt bei Schäfer die positive Rückmeldung. So freute es sie, sich nach der langen Corona-Pause wieder zu treffen: und zwar „querbeet“, was die Einzigkeit der Veranstaltung ausmachte. Zwar gäbe es seitens der AWO und anderer sozialer Träger Veranstaltungen mit ähnlichen Themen und ebenfalls breitem Zielpublikum. Die Bereicherung der „Bildungswege“-Reihe sei jedoch gewesen, dass zusätzlich die Universität mit „im Boot“ war und also auch akademische Perspektiven geteilt wurden.
Sowohl der inhaltliche Aufbau der „Bildungswege“ als auch deren Örtlichkeit – die Mettnau-Schule in Radolfzell – überzeugten Veronika Schäfer: „Der Standort ist ja mal super gewählt“, stellt sie fest, denn: „das Umfeld hat es hergegeben, dass man ein bisschen freier ist“. Bei der Veranstaltung habe sie sich jederzeit „total wohlgefühlt“, so Schäfer. Und resümiert: „Ich fand die Veranstaltung total gelungen, von vorne bis hinten“.
- Von Eva Günther