Was Master-Studiengänge attraktiv macht

Warum entscheiden sich Bachelor-Studierende für oder gegen einen Master-Studiengang? „DZHW Brief“ von Mitgliedern der Arbeitsgruppe Hochschulforschung der Universität Konstanz veröffentlicht Ergebnisse einer Studierendenbefragung

Bisherigen Forschungsergebnissen zufolge hat Deutschland im internationalen Vergleich hohe direkte Übergangsquoten von einem Bachelor- zu einem Master-Studium. Dennoch gibt es an deutschen Hochschulen ungenutzte Kapazitäten in den Master-Studiengängen. Deshalb ist die Kenntnis der Kriterien dafür, wie die Studierenden bei diesem Übergangsprozess entscheiden, von hohem Interesse. „Die Studierendenbefragung in Deutschland“, die größte bundesweite Erhebung unter Studierenden, geht der bislang wenig erforschten Frage nach, welche konkreten Eigenschaften von Master-Studiengängen als besonders attraktiv gelten. Die Studienergebnisse sind in der heute erschienenen jüngsten Publikation der Reihe „DZHW Brief“ veröffentlicht, der von Mitgliedern der Arbeitsgruppe Hochschulforschung der Universität Konstanz verfasst wurde.

Die bislang umfassendste Befragung aller Studierenden in Deutschland
„Die Studierendenbefragung in Deutschland“ ist eine Kooperation der Arbeitsgruppe Hochschulforschung der Universität Konstanz mit dem Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) und dem Deutschen Studierendenwerk (DSW). Sie wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Rund 180.000 Studierende aus 250 Hochschulen nahmen an ihr teil. Die befragten Bachelor-Studierende machten Angaben zu möglichen Gründen, die für oder gegen ein Master-Studium sprechen, und eine zufällig ausgewählte Teilgruppe äußerte sich zur Attraktivitätseinschätzung von Master-Studiengängen. Grundsätzlich ist zu sehen, dass es eine Mehrheit von 55 Prozent der befragten Bachelor-Studierenden für wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich hält, ein Master-Studium aufzunehmen.

Diese sogenannte Übergangswahrscheinlichkeit ist an Universitäten mit 66 Prozent deutlich höher als an Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) mit 43 Prozent.  Auch gibt es deutliche Unterschiede beim Kriterium Bildungsherkunft der Studierenden. So planen 62 Prozent der Befragten aus akademischem Elternhaus gegenüber 48 Prozent der Befragten aus nicht-akademischem Elternhaus, ihr Studium mit einem Master-Studiengang fortzusetzen. In der Differenzierung nach Geschlecht und Migrationshintergrund sind dagegen kaum Unterschiede zu sehen.

Der finanzielle Aspekt fällt nicht unerheblich ins Gewicht
Bei den Studierenden aus nicht-akademischem Elternhaus ist die vergleichsweise größere Sorge festzustellen, dass ein Master-Studium eine zu erhebliche finanziell Belastung darstellt. Die Autor*innen des DHZW Briefs schlagen vor, beispielsweise zu überprüfen, „ob die Zielgruppe mit In-formationen über existierende Förderungsmöglichkeiten versorgt ist“. Der finanzielle Aspekt fällt allerdings auch bei der Gesamtheit der Studierenden nicht unerheblich ins Gewicht. So würden eventuelle Studiengebühren für Master-Studiengänge grundsätzlich abschreckend wirken.

Praktisch-empirische Master-Programme bevorzugt
Doch welche Eigenschaften von Master-Studiengängen werden als besonders attraktiv empfunden? Eine wichtige Erkenntnis sehen die Konstanzer Forschenden darin, dass die befragten Bachelor-Studierenden eher praktisch-empirische Master-Studienprogramme mit vielen Wahlkursen bevorzugen. Entsprechend kommen Programme mit nur wenigen aufeinander abgestimmten Kursen weniger gut an. Das bedeutet, so die Autor*innen, „dass die Attraktivität eines Studiengangs erhöht werden kann, wenn ausreichend Lehrkapazitäten geschaffen werden, die solche Wahlmöglichkeiten erlauben“.

Der weiteren Erkenntnis, dass Master-Programme mit Praxiselementen sowohl bei HAW- als auch Universitätsstudierenden beliebt sind, könne etwa mit der Einbindung von Berufspraktika entsprochen werden. Auch ein gutes Betreuungsverhältnis beeinflusst die Anziehungskraft von Master-Programmen. Außerdem erbrachte die Studie, dass Master-Studiengänge besonders attraktiv erscheinen, wenn sie zur Spitzengruppe in Rankings gehören. Die Hochschulen sollen deshalb laut DHZW Brief ermutigt werden, an Studiengang-Rankings teilzunehmen.

Englischsprachige Studiengänge finden weniger Zuspruch
Dagegen finden Master-Studiengänge im Ausland ebenso wie englischsprachige Studiengänge vergleichsweise geringe Zustimmung bei den befragten Bachelor-Studierenden. Das gilt insbesondere, wenn diese aus einem nicht-akademischen Elternhaus kommen oder an einer Hochschule für angewandte Wissenschaft studieren.

Dieses Ergebnis steht dem Bestreben der Hochschulen nach Internationalisierung entgegen. Um diesem wichtigen Ziel näherzukommen, rät die Studie, bereits in Bachelor-Studiengängen erste Erfahrungen mit Veranstaltungen in englischer Sprache zu ermöglichen. Außerdem empfehlen die Konstanzer Forschenden spezielle Fördermöglichkeiten, wie etwa Sprachaufenthalte, zu entwickeln.

Zur Studie
„Die Studierendenbefragung in Deutschland“ ist eine Kooperation der Arbeitsgruppe Hochschulforschung der Universität Konstanz mit dem Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschafts-forschung (DZHW) sowie dem Deutsches Studierendenwerk (DSW) und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Sie führt erstmalig drei bisher separat durchgeführte Langzeiterhebungen in der Studierendenforschung zusammen. Die erste Erhebung des neuen Surveys fand im Sommersemester 2021 statt. Insgesamt haben rund 180.000 Studierende von rund 250 Hochschulen aus ganz Deutschland an der Online-Befragung teilgenommen. 

Faktenübersicht:

  • Originalveröffentlichung: Antje Stefani, Thomas Hinz, Susanne Strauß, Die Studierendenbefragung in Deutschland: Fokusanalysen zur Attraktivität von Masterstudiengängen. DOI: https://doi.org/10.34878/2023.02.dzhw_brief
  • Bislang größte deutsche Studierendenbefragung untersucht Kriterien, die ein Master-Studium für Bachelor-Studierende attraktiv machen
  • Kooperation der Arbeitsgruppe Hochschulforschung der Universität Konstanz mit dem Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) und dem Deutschen Studentenwerk (DSW)
  • Von der Arbeitsgruppe Hochschulforschung wurden bereits die DZHW Briefe zum Thema populistische Tendenzen unter Studierenden (https://doi.org/10.34878/2022.07.dzhw_brief) sowie zu Diskriminierungserfahrungen an Hochschulen (https://doi.org/10.34878/2022.08.dzhw_brief) veröffentlicht
  • Arbeitsgruppe Hochschulforschung der Universität Konstanz wird geleitet von Susanne Strauß, Professorin für Soziologie mit Schwerpunkt Gender Studies, und Thomas Hinz, Professor für Soziologie mit Schwerpunkt Survey-Forschung
  • Studie wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.