Messung der Umweltbedingungen von Pflanzen im Rahmen des naturwissenschaftlich-informatischen Unterrichts. Bild: Projektteam GeNIUS

Wie ein Computer denken lernen

Das Verbundprojekt GeNIUS bereitet die Vermittlung von digitalen Kompetenzen im naturwissenschaftlichen Schulunterricht vor – Gemeinschaftsprojekt der Universität Konstanz und der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau

Die Digitalisierung des Schulunterrichts bedeutet nicht nur, dass digitale Geräte in den Klassenzimmern ankommen. Es bedeutet vor allem, dass SchülerInnen digitale Arbeitsweisen lernen. Wichtige Stichwörter sind „Computational Thinking“ und „Digital Literacy“, also die Kompetenzen, die Arbeitsweise von Computern zu verstehen, sich sicher in einer Informationsgesellschaft zu bewegen und verantwortungsvoll mit Daten umzugehen.

Wie aber muss der Unterricht gestaltet sein, um diese Kompetenzen zu vermitteln? Das Projekt GeNIUS möchte hierfür die Weichen stellen. „GeNIUS“ steht für „Gelingensbedingungen für den Naturwissenschaftlich-Informatischen Unterricht in Schulen“. In diesem Verbundprojekt erforschen FachdidaktikerInnen der Universität Konstanz und der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU), wie ein naturwissenschaftlich-informatischer Unterricht gestaltet sein sollte, um digitale Kompetenzen bestmöglich zu fördern. In enger Zusammenarbeit mit Schulen werden Lernszenarien in der Praxis erprobt und daraus Best-Practice-Formate für den Unterricht abgeleitet. GeNIUS wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Computational Thinking
Ein gutes Beispiel ist „Computational Thinking“, also „algorithmisches Denken“. Gemeint ist, dass Problemstellungen so formuliert werden, dass Computer die Fragestellung verarbeiten können und somit zur Lösung herangezogen werden können. Die SchülerInnen müssen hierfür über Wissen und Verständnis von digitalen Systemen und Konzepten in der Informatik verfügen. Ein Beispiel ist die Zerlegung von Problemen bzw. Fragestellungen in gut lösbare Teilprobleme und deren Übersetzung in Algorithmen. Gemeint ist eine Abfolge von Bearbeitungsschritten, die im Idealfall der Computer automatisiert ausführen kann, um beispielsweise mit Sensoren Daten zu erheben und weiter zu verarbeiten.

„In Deutschland ist Computational Thinking bisher nur in Teilansätzen in den Schulunterricht integriert und insgesamt nicht flächendeckend curricular verankert. Gleichzeitig liegen die Kompetenzen von deutschen SchülerInnen im Bereich Computational Thinking signifikant unter dem internationalen Mittelwert, weshalb wir mit GeNIUS eine kontinuierliche inhaltliche und methodische Unterrichtsentwicklung vorschlagen“, schildert Johannes Huwer, Professor für Fachdidaktik der Naturwissenschaften an der Universität Konstanz und Leiter des GeNIUS-Teilprojekts in Konstanz.

Annette Bieniusa, Professorin für die Programmierung verteilter Systeme, und Christoph Thyssen, Professor für Fachdidaktik der Biologie an der RPTU in Kaiserslautern, sind sich sicher, „dass Grundlagen in diesem Bereich zukünftig essenziell für technische und naturwissenschaftliche Studiengänge sein werden.“ Sie erläutern: „Da präzise verfasste Arbeitsanweisungen und Vorgehensweisen in den Naturwissenschaften wesentliche Elemente von reproduzierbarer Forschung sind, ist eine Ergänzung um informatische Konzepte wie Algorithmen naheliegend und mit in der Informatik erprobten Ansätzen gut möglich.“

Naturwissenschaftlich-informatischer Unterricht
GeNIUS ist strukturell fachübergreifend angelegt und zielt generell auf den gesamten MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) ab. Die Integration von Grundkompetenzen der Informatik soll naturwissenschaftlichen Unterricht dahingehend erweitern, dass SchülerInnen beim forschenden Lernen mit Sensoren Daten erheben und eigenständig digital verarbeiten können, was wiederum rückwirkend den Informatikunterricht stärkt.

„Einerseits können Konzepte informatischer Bildung dabei helfen, naturwissenschaftsspezifische Denk- und Arbeitsweisen zu fördern. Andererseits kann der naturwissenschaftliche Unterricht einen Beitrag für die informatische Bildung leisten“, führt Johannes Huwer aus und gibt ein Beispiel: „Ein naturwissenschaftliches Experiment durchzuführen ist im Wesentlichen nichts anderes, als einen Algorithmus umzusetzen. Naturwissenschaft und Informatik verwenden dieselben Konzepte, und wir wollen diese Gemeinsamkeiten in einem naturwissenschaftlich-informatischen Unterricht zusammenführen.“

„Diese grundlegenden Konzepte aus der Informatik spielen in praktisch jeder Fachdisziplin eine Rolle und manchmal muss man sie vor allem beim Namen nennen, um sie für SchülerInnen und auch für Lehrkräfte sichtbar zu machen“, erklärt Barbara Pampel, Tenure-Track-Hochschuldozentin für Grundlagen und Didaktik der Informatik an der Universität Konstanz.

Praxisbezug
In Zusammenarbeit mit Lehrkräften, auch von Schulen am Standort Kaiserslautern, werden konkrete Unterrichtsszenarien entwickelt und in der Praxis erprobt. Im Zusammenspiel von fachdidaktischer Analyse und Unterrichtspraxis werden Best-Practice-Formate für den Unterricht gestaltet. Ein weiteres Handlungsfeld ist die Professionalisierung von naturwissenschaftlich-informatischen Lehrkräften. Ausgehend von einer begleitenden Lehrkräfteevaluation werden Weiterbildungskonzepte für LehrerInnen entwickelt.

Faktenübersicht

  • Projekt „Gelingensbedingungen für den Naturwissenschaftlich-Informatischen Unterricht in Schulen“ (GeNIUS)
  • Verbundprojekt der Universität Konstanz und der RPTU in Kaiserslautern
  • Leiter des Teilprojekts an der Universität Konstanz: Prof. Dr. Johannes Huwer, Professor für Fachdidaktik der Naturwissenschaften
  • Leiter des Teilprojekts an der RPTU in Kaiserslautern: Prof. Dr. Christoph Thyssen, Leiter der Didaktik der Biologie an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau
  • Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
  • Laufzeit: 09/2022-08/2025