Aller Anfang ist ... aufregend! Erste Erfahrungen mit dem TransferRad

Nach der Vorstellung des Rades am 23. September vor den Werkstätten der Universität, wurde es am 27. September bei einem Hackathon an der HTWG eingesetzt. Jetzt am 5. November fahren Michael Fröhlich, Sibylle Mühleisen und Albert Kümmel-Schnur mit dem Rad auf die Marktstätte in Konstanz.

5. November

"Wir haben uns heute schon mal gesehen", sagt der Mann mit hellem Hut und grauem Haar zu mir. "Echt?" "Ja, aber mich kennt niemand. Alle gucken nur die Mäuse an." Er grinst etwas gelbzähnig und lässt eine rote Maus, die mit einem Gummiband an einem zerbrechlich wirkenden Zweiglein befestigt ist, über den Boden schnurren.

Wir stehen auf der Marktstätte. Wir, das sind Sibylle Mühleisen, Michael Fröhlich und ich. Gemeinsam mit Alex Bürgisser von der PH Thurgau haben wir einen mobilen Seminar und Ausstellungsraum für die Hochschulen von Konstanz und Kreuzlingen entwickelt. Gezahlt hat ihn der Wissenschaftsverbund Bodensee, gebaut haben ihn die Werkstätten der Uni Konstanz.

Von der Idee bis zum einsatzfähigen Fahrradanhänger hat es fast zwei Jahre gedauert. 2022 entstand auf einer Fahrradfahrt mit Alexandra Hassler vom Wissenschaftsverbund die Idee eines gemeinsamen Transfer-Kiosks, also eines Ortes, wo man mit Hochschulprojekten, Gesprächs- und Kooperationsangeboten in der Stadt präsent sein kann.

Im Kloster Lichtenthal dachte ich dann über Fahrradanhänger nach, weil ich ein mobiles Puppentheater entwickeln wollte. Und ich sah im Netz, was Menschen alles an ihre Fahrräder hängen und wie sie ihre Ideen verbreiten. Mensch, dachte ich und hatte in dem Moment auch schon Sibylles Nummer gewählt: "Lass uns einen Fahrradanhänger bauen!" Die Zustimmung kam sofort und enthusiastisch. Mit Christian Teichmann stieg die PH Thurgau ins Boot. Entscheidend war es aber dann, jemanden zu finden, der die Konstruktion übernehmen konnte.

Und da betrat Michael Fröhlich, Professor für Connected Car Services an der HTWG, die Bühne. Nicht nur hatte er bereits Erfahrungen gesammelt beim Bau eines Fahrradanhängers mit Studierenden, sondern er erwies sich mit seiner Kreativität, seiner Begeisterung und seiner hohen Flexibilität als der richtige Partner für uns.

Der Bau erwies sich als schwieriger als gedacht - wie das bei Prototypen eben der Fall ist, sitzt der Teufel eben im Detail. Aber nicht nur technisch-konstruktive Schwierigkeiten, bei denen uns die erfahrenen Leiter der Feinmechanikwerkstätte der Universität, Rosario Dold und Ingmar Jäger, zur Seite standen, sondern auch administrativ-bürokratische Probleme wollten bewältigt werden. Wie lang darf so ein Gefährt sein und wie schnell? Wie unterscheiden sich die deutsche und die schweizer Straßenverkehrsordnung? Wie ist das mit den Grenzübertritten - braucht es eine eigene Zollgenehmigung? Und darf man sich einfach irgendwo in den öffentlichen Raum stellen? Wer bestimmt alles über den öffentlichen Raum und stellt Genehmigungen aus (das ist - siehe die vier Stakeholder am Münsterplatz in Konstanz - manchmal gar nicht so leicht in Erfahrung zu bringen)?

Gelöst sind all diese Fragen noch nicht vollständig. Der Prototyp ist gleichzeitig ein Work in progress. Das sollten wir gleich bei der öffentlichen Vorstellung des Rades am 23. September vor den Werkstätten der Universität bemerken. Das Zelt aufzubauen, ist trickreich. Vier mal 6 Meter sind eben doch groß, man braucht vier Leute, die gleichmäßig ziehen. Und die Fahrt vom Gießberg in die Stadt zur HTWG, wo das Rad seinen Dauerstandort finden sollte, war abenteuerlich. Schnell war klar: so ein Teil braucht ein anderes Zugfahrrad als das, was wir momentan nutzen. Und: wir müssen unbedingt in der Erprobungsphase Fahrerinnen oder Fahrer stellen, die sich mit dem Rad auskennen.

Nun, am 5. November, kriecht uns auf der Marktstätte langsam die Kälte in die Beine. Aber wir stellen fest: das Rad fällt auf. Auch an einem normalen Dienstagnachmittag bleiben Menschen stehen, machen Fotos, fragen nach. Das verspricht, ein Erfolg zu werden. Auch andere Institutionen der Stadt haben bereits angefragt. Einer will von uns wissen, ob das auch als Stand für den Weihnachtsmarkt nutzbar wäre.

Nun: wir sind gespannt. Und fahren im Anschluss an die Präsentation vor'm Kaiserbrunnen auf der Marktstätte zum ersten Mal den Gießberg hinauf. Tja - wenn ich mal mehr Erfahrungen mit Elektrofahrrädern hätte... So fällt mir erst nach der Fahrradbrücke auf, dass ich den Elektromotor gar nicht zugeschaltet habe und das Rad mühsam im reinen Muskelbetrieb bewege. Womit allerdings der Nachweis erbracht ist, dass selbst das geht. MIT Antrieb geht's dann allerdings viel, viel leichter. Ein Kinderspiel, den Gießberg raufzuradeln... solange man nicht ins Stehen kommt. Anfahren am Berg mit 250 kg am Hacken ist so eine Sache... Trotz Elektromotors.

Am nächsten Tag setzen Sibylle Mühleisen und ich das Rad gleich wieder ein vor'm R-Gebäude der Universität. Wir hoffen auf all die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die an der Veranstaltung zur Exzellenzstrategie teilnehmen und werden nicht enttäuscht. Auch hier: Aufmerksamkeit, Fragen, erste Einsatzideen.

Wir bleiben gespannt: heute abend wollen wir das Rad wieder zeigen anlässlich der Veranstaltung "Die Stadt kommt auf den Gießberg".