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Welche Rahmenbedingungen brauchen
junge Forscherinnen und Forscher? Prof.
Dr. Giovanni Galizia, Direktor des Zu
kunftskollegs, erläutert im Interview, wie
man den »Motor der Wissenschaft« am
Laufen hält.
Herr Professor Galizia, sind junge
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft
ler der „Motor der Wissenschaft“?
Prof. Dr. Giovanni Galizia: Auf jeden
Fall. Wo kommen die neuen Ideen her?
Eine interessante Statistik zeigt, in wel-
chen Lebensjahren Menschen die Erfin-
dungen machen, die später zum Nobel-
preis geführt haben. Das sind durchaus
junge Jahre. Gute Ideen haben Menschen
in jedem Lebensalter, aber die Originell
sten kommen von Menschen, die sich neu
in ein Gebiet wagen, die in diesem Gebiet
Neues für sich selbst entdecken – und da-
durch auch für die Wissenschaft. Das sind
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-
ler in jungen Jahren.
Wie können wir diesen „Motor
der Wissenschaft“ am Laufen halten?
Was braucht es, um den wissenschaft
lichen Nachwuchs zu fördern?
Ich glaube, das Allerwichtigste ist die
Selbstständigkeit – und die Unabhän-
gigkeit. Man kann in der Wissenschaft
nichts Schlimmeres machen, als junge
Forscherinnen und Forscher lange Zeit
in festen Korsetts zu halten und die Un-
abhängigkeit nach hinten rauszuschie-
ben – mit der Ausrede, sie seien ja noch
„in der Ausbildung“. Wir verfolgen an der
Universität Konstanz eine ganz explizite
Gegenrichtung, indem wir jungen Wis-
senschaftlerinnen und Wissenschaftlern
signalisieren: Nach der Promotion seid ihr
selbstständig. So haben wir zum Beispiel
das Zukunftskolleg gegründet, darin ent-
scheiden unsere Fellows selbstständig da-
rüber, was sie erforschen und wie sie ihre
eigene Forschung betreiben. Wir fördern
sie darin.
Welche Rahmenbedingungen müssen
wir ihnen bieten?
Wichtig ist, dass die jungen Wissen-
schaftlerinnen und Wissenschaftler in
dieser selbst entwickelten Forschung
nicht alleingelassen werden. Das erfor-
dert einerseits die richtige Infrastruktur,
andererseits aber auch Menschen im in-
tellektuellen Austausch. Einen Mentor,
der nicht ein Vorgesetzter ist, sondern
eben ein wissenschaftlicher Partner.
Es erfordert einen internationalen Aus-
tausch mit anderen Universitäten, das Ge-
spräch über die Generationen hinweg. Das
sind alles Elemente, die wir an der Uni-
versität Konstanz und im Zukunftskolleg
als Kernpunkte für die Förderung junger
2001
2007
Gründung des Zentrums
für den Wissenschaftlichen
Nachwuchs
Aus dem Zentrum für den
Wissenschaftlichen Nachwuchs
wird das Zukunftskolleg
»... heißt Perspektiven geben.«
Einen Film zum Zukunftskolleg
können Sie auf unserer Jubiläums-
Website abrufen:
– uni.kn/50jahre/unikon/filmeWissenschaftlerinnen und Wissenschaft-
ler identifizieren.
Auf welchem historischen Boden ent
stand das Zukunftskolleg? Auf welche
Entwicklungen hat es reagiert?
Das Zukunftskolleg hat damals auf
eine Diskussion reagiert, die deutsch-
landweit geführt wurde und noch immer
geführt wird: Dass sich das Eintrittsalter
in die Professur zunehmend nach hinten
verlagert. Es fehlte ein Konzept, in dem
eine frühe Unabhängigkeit auch in einem
Rahmen stattfindet, in dem sie sich ent-
wickeln kann. Da hat der damalige Rektor
Gerhart v. Graevenitz gesagt: Wir müs-
sen etwas Neues schaffen. Etwas, das viel
mehr den Charakter einer Akademie, einer
Gemeinschaft hat. Das war die Geburts-
stunde des Zukunftskollegs. Ich finde das
als Idee unglaublich spannend, wenn ich
das Zukunftskolleg im historischen Kon-
text der Universität Konstanz denke: Die
Universität Konstanz ist 1966 gegründet
worden. Faszinierend, wenn man sich die
ersten Pläne von den Gründern anschaut,
die sich überlegt hatten: Eine Reformuni-
versität am Bodensee, was heißt das?
Wo findet dieser Reformgedanke
seinen Ausdruck?
Sie brauchen nur auf die Architek-
turpläne der Universität Konstanz zu
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