Unter den 44 Fellows, die das Zukunfts
kolleg verlassen haben, haben
Professuren und weitere Dauerstellen, zum
Beispiel Senior Lecturer, Associate Pro-
fessors, Leiter von Forschungsabteilungen
und Juniorprofessuren mit Tenure Track an
wissenschaftlichen Institutionen weltweit.
schauen: Wir haben im Zentrum den Ser-
vicebereich: Bibliothek und Mensa als
Mittelpunkt, also die geistige Nahrung
und das leibliche Wohl. Drumherum – al-
les in einem Gebäude! – die verschiedenen
wissenschaftlichen Disziplinen. Und viele
Begegnungsstätten, viele Orte, wo man
sich einfach im Flur trifft, auf der Treppe,
beim Kaffee. Eine gelebte Interdisziplina-
rität, eine Einheit von Leben, Denken, For-
schen und Arbeiten. Mich fasziniert es zu
sehen, dass genau das auch die Idee vom
Zukunftskolleg ist. Wir haben ein gemein-
sames Gebäude, in dem wir uns treffen, in
dem die Fellows über die wissenschaftli-
chen Disziplinen und über die Generatio-
nen hinweg in ständigem Austausch ste-
hen. Die Gründungsidee der Universität
Konstanz ist im Zukunftskolleg lebendig.
Funktioniert die Idee des Zukunfts
kollegs auch außerhalb der Universität
Konstanz? Ist es ein „Exportschlager“?
Elemente des Zukunftskollegs werden
zweifellos von anderen Einrichtungen
übernommen. Die Martin Buber Society in
Jerusalem wurde auf den Grundprinzipien
des Zukunftskollegs gegründet. Es gibt
Institutionen in England und Deutsch-
land, die den Ideen des Zukunftskollegs
in Facetten nahegekommen sind. Aber
jede Institution, die sich Ideen aus dem
Zukunftskolleg holt, pickt sich die einen
oder anderen Rosinen heraus – nicht das
ganze Konzept. Ich sehe das positiv, weil
es bedeutet, dass wir ein Bouquet an Mög-
lichkeiten durchtesten können. Das Zu-
kunftskonzept will nicht die Patentlösung
für alle sein. Es wäre nicht der Wissen-
schaft, nicht den Universitäten, nicht den
Menschen darin gedient, wenn jetzt alle
sagen würden: Das Zukunftskolleg ist das
Modell schlechthin.
Was spricht dagegen?
Warum wir nicht das Modell für alle
sein wollen? Weil nicht alle Menschen
gleich sind. Es gibt Menschen, für die ist
eine klassische Assistenzzeit an einem
Lehrstuhl genau das richtige. Es gibt an-
dere Menschen, die wollen sehr früh auch
sehr stark in die Lehre involviert sein. Für
diese ist eine Juniorprofessur besser. Es
gibt wiederum Menschen, die brauchen
viel Freiheit, aber auch eine unglaubliche
Weite in den Ideen, die sie verfolgen wol-
len. Für sie ist das Zukunftskolleg genau
richtig. Darum müssen wir, sowohl als
Universität Konstanz als auch in der Wis-
senschaft insgesamt, viele verschiedene
Wege zur Professur anbieten. Einer dieser
Wege ist das Zukunftskolleg.
Welche Entwicklung wünschen
Sie der Nachwuchsförderung für
die kommenden Jahre?
Einer der wichtigsten Punkte ist Trans-
parenz in den Karrierewegen. Das ist si-
cherlich auch der Punkt, der die betroffe-
nen Menschen am meisten bewegt. Eine
wahrgenommene Unsicherheit bremst
Menschen aus. Das beobachte ich bei
Fellows im Zukunftskolleg genauso wie
bei anderen jungen Forscherinnen und
Forschern: Dass viel mentale Energie
letztendlich in Existenzängste geht. Dies
kann man lösen, indem man ganz klare
Richtlinien für die Förderung junger For-
scherinnen und Forscher und für ihre Kar-
riereperspektiven gibt. Eine Konsequenz
wäre, dass wir diese jungen Forscherin-
nen und Forscher, die der „Motor der
Wissenschaft“ sind, das zentrale Element
für neue Erkenntnisse in unserer Gesell-
schaft – dass wir diese Menschen nicht
mehr „wissenschaftlichen Nachwuchs“
nennen, sondern „junge Wissenschaftle-
rinnen“ und „junge Wissenschaftler“. So-
bald wir das Bild vom "wissenschaftlichen
Nachwuchs" nicht mehr in der Sprachwahl
haben, signalisieren wir den jungen For-
schenden ein neues Selbstverständnis
.
S. 60
50
46
79 %
5-year Research Fellows und
2-year Postdoctoral Fellows.
Das Zukunftskolleg hat seit der
Gründung am 1. November 2007
insgesamt 96 Fellows auf
genommen: