„Ich bin
gern hier“
uni’kon: Frau Hätscher, wie sah
die Mediennutzung der Bibliothek
der Universität Konstanz aus, als Sie
hier vor 20 Jahren anfingen?
Petra Hätscher:
1996 wurden Bücher
ausgeliehen und Zeitschriften kopiert.
Das Katalogsystem war elektronisch, aber
nur – aus heutiger Sicht – unkomfortabel
nutzbar. Allerdings besser als jeder Zet-
telkatalog, der damals in anderen Biblio-
theken zum Teil noch der Standard war.
Dadurch dass es in Konstanz nie einen
Zettelkasten gab, blieb man hier immer
möglichst nah dran an den modernen Re-
cherchemöglichkeiten. Als erstes gab es
die gedruckten Bandkataloge, dann die
Mikrofiche-Kataloge und als nächstes den
direkten Zugriff auf die Datenbank. Ande-
rerseits gab es aber 1996 auch schon In-
ternet. Das war damals sehr neu.
Was sind die großen Pluspunkte der
Bibliothek der Universität Konstanz?
Ich nenne es inzwischen neudeutsch
„Openness“. Die Bibliothek ist als Frei-
handbibliothek mit freiem uneinge-
schränktem Zugang zu den Büchern ge-
gründet worden. Das war damals der große
Knaller. Es gab in Bibliotheksfachkreisen
durchaus die Meinung, dass man nicht
alle Nutzer an alles Material heranlassen
kann. Es galt die Bestandsorientierung
vor der Nutzungsorientierung. Die Frage
war: Habe ich eine Bibliothek, um eine
dauerhafte unveränderliche Sammlung
aufzubauen, oder, was neu war, als großen
Wissens- und Informationsspeicher, als
Gebrauchsbibliothek, die offen zur Ver-
fügung steht. Dieser Paradigmenwech-
sel war enorm, Gründungsdirektor Joa-
chim Stoltzenburg hat ihn sehr energisch
durchgesetzt. Diese „Openness“ spiegelt
sich heute wider, wenn es um digitale Zu-
gänglichkeit wie Open Access geht. In der
analogen Welt haben wir große offene Bi-
bliotheken, um das Wissen aufzunehmen.
In der digitalen Welt benötigen wir mög-
lichst uneingeschränkten digitalen Zu-
gang zu wissenschaftlicher Information.
An der Universität Konstanz standen die
Nutzerinnen und Nutzer von Anfang an
im Mittelpunkt. Stoltzenburg hat schon
damals von einer „Wohlfühlatmosphäre“
gesprochen. Er sagte, in einer guten Biblio-
thek muss es sein wie bei einem guten Her-
renausstatter. Bei uns sieht es jetzt eher aus
wie in einer guten Lounge, aber der Effekt
soll der gleiche sein. Die Menschen sollen
sich hier wohlfühlen können. Jeder soll das
Plätzchen finden, das ihm behagt.
Gibt es etwas in der „analogen“
Bibliothek, dem Sie nachtrauern?
Für die Nutzerinnen und Nutzer ist es
natürlich ein Vorteil, dass sehr viele Me-
dien digital verfügbar sind und damit un-
abhängig vom jeweiligen Standort genutzt
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Konstanzer ist, wer den
Namen KIM kennt ...
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KIM-Direktorin Petra Hätscher erinnert
sich an die ersten Anfänge einer digitalen
Bibliothek an der Universität Konstanz